Dieser Erfahrungsbericht wurde im Rahmen unserer Mutmacher-Aktion zum Weltkrebstag 2022 gesammelt. Er stammt von echten Betroffenen und ist ungekürzt. Der Bericht ist Teil unserer neuen Rubrik „Patientengeschichten“, in welcher Krebserkrankte oder deren Angehörige Erfahrungen teilen und Tipps verraten, damit auch andere davon profitieren können.
„Die Chemo ist eine sehr brutale Freundin und an manchen Tagen möchte ich diese Freundschaft auch kündigen“
Name: Marion
Alter: 70 Jahre
Erkrankung: Brustkrebs mit Metastasen in den Lungen und Knochen
Meine Geschichte:
Mein Name ist Marion und bin zum zweiten Mal und nach 11 Jahren wieder 2018 an Krebs erkrankt. Eigentlich komme ich aus Berlin, aber 2018 hat mich meine große Tochter zu sich nach Rheinland-Pfalz geholt. Ich habe diesen Entschluss nie bereut. Ich habe hier einen sehr guten Arzt, der seit vier Jahren wirklich alles versucht, um mir meinen Zustand etwas erträglicher zu machen. Ich bekomme eine Chemo. Und jeder weiß, dass die Chemo keine gute Medikation ist. Ich habe Gliederschmerzen, Schmerzen in den Füßen und Händen.
Jemand hat einmal zu mir gesagt, dass ich mir die Chemo zur Freundin machen soll, denn sie will mir helfen, wieder etwas gesund zu werden. Sie ist eine sehr brutale Freundin und an manchen Tagen möchte ich diese Freundschaft auch kündigen. Aber eigentlich möchte ich noch etwas älter werden als 70 Jahre. Also werde ich sie als meine Freundin behalten und ihr auch verzeihen, wenn sie mir die Tage und Nächte zur Hölle macht.
Ich genieße die Zeit, wenn meine große Tochter mit mir kleine Ausflüge macht oder auch mal eine schöne Tasse Kaffee trinken und ein schönes Stück Kuchen essen geht. Wir lachen sehr viel. Wenn ich dann allein zu Hause bin, beschäftige ich mich mit meiner Ahnenforschung, lese gerne Tatsachenromane und wenn es meine Kräfte erlauben, dann räume oder dekoriere ich auch mal meine Wohnung um. Das Alles lenkt mich etwas von meinem jetzigen Zustand ab.
Jeden Abend setze ich mich an meinen Schreibtisch mit einer schönen Tasse Kräutertee, leiser Musik im Hintergrund sowie einer Duftkerze und schreibe mir in ein kleines Heft meine Erlebnisse vom heutigen Tag auf. Das hilft mir sehr, alles zu verarbeiten, auch wenn dabei einige Tränen fließen, die sehe ich nur alleine.